Allle Informationen rund um die Lähmung des Serratusmuskels

Ein Service der Schultersprechstunde - Orthopädie, Klinikum Dortmund gGmbH


Serratus

anterior

Lähmung



Serratus anterior, Laehmung, Nervus thoracicus longus, abstehendes Schulterblatt, Scapula alata


Inhaltsverzeichnis:

1. Definition

2. Entstehung

3. Beschwerden

4. Diagnose

5. Behandlung

6. Prognose




1. Was ist der Serratus anterior ( Definition ) ?
Der Serratus anterior ist ein Muskel des menschlichen Körpers. Er liegt an der seitlichen Brustkorbwand und ist von seiner Struktur her gefiedert, d.h. er teilt sich in mehrere Köpfe auf, welche an der seitlichen Brustkorbwand ansetzen.
Dieser Muskel hat zwei Aufgaben. Eine Aufgabe des Serratus anterior Muskels ist es den Arm gestreckt nach vorne anzuheben. Seine zweite Aufgabe ist es, das Schulterblatt nach vorne zu ziehen und derart auch indirekt bei der Rotation des Schulterblattes zu helfen.

Damit der Serratus anterior diese Aufgaben wahrnehmen kann, wird er von einem "Elektrokabel" - also einem Nerven - versorgt. Dabei handelt es sich um den Nervus thoracicus longus. Also auf Deutsch: den langen Brustkorbnerven. Unglücklicherweise liegt dieser Nerv auf dem Serratus anterior oben auf und relativ ungeschützt. Das macht den Nerv und den daranhängenden Muskel für Verletzungen recht empfindlich.


2. Wie entsteht eine Serratus anterior Lähmung ( Ätiologie ) ?
Typisch für eine Serratus anterior Lähmung ist ein Schlag oben auf die Schulter. Schliesst sich beispielsweise ein Parkschranke und man steht versehentlich darunter, schlägt diese oben auf die Schulter und kann den aus dem Armnervengeflecht ( Plexus brachialis ) abgehenden Nervus thoracicus longus, den Nerven der den Serratus anterior versorgt, treffen.

Klassisch sind auch Überlastungsschäden beim Kraftsport / Bodybuilding. Hier kann eine Serratuslähmung manchmal erst 24 bis 48 Stunden später auftreten.

Auch z.B. eine Überlastung durch langes Tragen eines schweren Rucksacks kann eine Serratus anterior Lähmung hervorrufen, wobei der Tragriemen des Rucksackes in einer solchen Situation auf den Thoracicus longus Nerv drückt und diesen quetscht.

Dann gibt es noch eine große Gruppe sog. idiopathischer Serratus anterior Lähmungen. Idiopathisch bedeutet, daß man die Ursache einfach nicht finden kann. Bei den Betroffenen gibt es keine Verletzung in der Vorgeschichte und auch keine Überlastungen. Es bleibt gewissermaßen im Dunkeln wie und warum bei diesen Menschen die Muskellähmung entstanden ist.


3. Was merkt man bei einer Serratus anterior Lähmung ( Symptome )?
Meistens kann die oder der Betroffene seine Arm nicht mehr gestreckt nach vorne führen - entweder gar nicht mehr oder unterschiedlich abgeschwächt.
Regelmässig wird auch ein abstehendes Schulterblatt bemerkt.
Schmerzen gehören auch zu eines Serratus anterior Lähmung. Sie sind aber nicht eines der häufigsten Symptome.
Liegestützen können z.B. nicht ausgeübt werden, weil dabei an einem Arm einfach die Kraft fehlt.


4. Wie stellt man eine Serratus anterior Lähmung fest ( Diagnostik ) ?
Das abstehende Schulterblatt ist oft der erste Hinweis. Dann gibt es verschiedene klinisch ärztliche Untersuchungstests mit denen man den Serratus Muskel auf seine Funktionsfähigkeit untersuchen kann.
Sehr hilfreich ist eine Neurografie, d.h. man misst die elektrische Aktivität des Muskels ( EMG = Elektromyogramm ) und die elektrische Aktivität des versorgenden Nerven. Dazu wird eine sog. NLG ( = Nervenleitgeschwindigkeitsmessung ) des Nervus thoracicus longus ( langer Brustkorbnerv ) durchgeführt.


5. Wie behandelt man eine Serratus anterior Lähmung ( Therapie ) ?
Ohne Operation:
Mittel der Wahl ist bei einer solchen Muskellähmung die konservative, also nichtoperative, Behandlung. Dazu kann eine Physiotherapie / Krankengymnastik verordnet werden. Diese verhindert das Verkleben des Schulterblattes, kann zur Kräftigung der Nachbarmuskeln beitragen und mittels Elektrotherapie die Erholung des Serratusmuskels unterstützen. Im Falle von Schmerzen kann man Medikamente wie Entzündungshemmer oder Schmerzmittel unterschiedlicher Art verwenden.
Es gibt auch sog. Serratusbandagen. Das sind eine Art von Schienen, welche man am Körper trägt und die das Schulterblatt in seinem Laufverhalten bei unterschiedlichsten Bewegungen stabilisieren.

Mit Operation:
Ist es von vornherein klar, daß der seltene Fall einer direkten kompletten oder teilweisen Durchtrennung des versorgenden Nerven durch einen Unfall vorliegt, wird man die Behandlungsentscheidung eher zu einer operativen Naht und Rekonstruktion des Thoracicus longus Nerven treffen.

Ist der Nerv eingequetscht und ein Bluterguss drückt auf ihn, wird man eine operative Befreiung des Nerven, eine sog. Neurolyse - vorzugsweise als Therapie durchführen. Dabei wird der Nerv in Höhe des mittleren Skalenusmuskels am Hals freigelegt.

Eine gängige Operation ist der Versatz eines Teiles vom grossen Brustmuskel ( sog. Pectoris major Transfer ). Dazu wird der Anteil des Brustmuskels, welcher am Brustbein ansetzt operativ abgelöst und an der seitlichen Brustkorbwand nach hinten getunnelt. Man schliesst ihn dann an dem seitlichen Rand des Schulterblattes an. Es ist üblich - je nach zu erreichender Länge des Brustmuskels bei einer solchen Operation - diesen Eingriff mit einem Sehnenersatztransplantat oder einer körpereigenen Sehne selbst ggf. zu verlängern, um den Brustmuskel an das seitliche Schulterblatt gut anschliessen zu können.

Die Versteifung des Schulterblattes ( sog. skapulothorakale Fusion ) ist gewissermassen die letzte Möglichkeit, wenn alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind und trotzdem ein erheblicher Leidensdruck besteht. Das ist eine grosse aufwändige Operation bei der das Schulterblatt am Brustkorb operativ fixiert wird.


6. Wie ist die Prognose einer Serratus anterior Lähmung ?
Gut. Unter der nichtoperativen Therapie verheilen etwa 75% dieser Lähmungen ohne Folgen aus. Das benötigt im Durchschnitt aber etwa 9 Monate. Das ist der Mittelwert. Bedeutet: einzelne Heilverläufe sind viel kürzer und andere deutlich länger.


Orthopädie, Schultersprechstunde, Klinikum Dortmund ( Mitte ), Beurhausstrasse 40, D-44137 Dortmund, 0231-953-21851