Das wichtige und wesentliche Wissen zu Lockerungen künstlicher Schultergelenke

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Ein Service der Schultersprechstunde - Orthopädie, Klinikum Dortmund gGmbH


Die

Schulterprothesen-

lockerung



von: Dr. med. Roland Sistermann


Lockerung, Schulterprothese, Schulterpprothesenlockerung




1. Einführung
Unter der Lockerung einer Schulterprothese versteht man die Lösung von Teilen oder der gesamten Schulterprothese aus ihrer knöchernen Verankerung. Es können entweder der Schaft der Schulterprothese, welcher im Oberarm steckt, oder die künstliche Schulterpfanne (Glenoid) wie auch beide Teile gelockert sein.


2. Warum lockert sich eine Schulterprothese ( Ätiologie ) ?
Wenn ein künstliches Schultergelenk - nach etwa 10-15 Jahren - die Grenze seiner Lebenserwartung erreicht hat, beginnt es sich zu lockern, weil Knochenumbauprozesse des menschlichen Körpers oder auch Materialermüdung dazu führen.
Versagt ein künstliches Schultergelenk bereits nach einigen Monaten oder wenigen Jahren, bezeichnet man das als "Frühlockerung". Schwelende unterschwellige Infektionen der Schulterprothese, operationsbedingte Gründe oder auch Ursachen, welche im Material liegen, sind nur einige Beispiele, warum sich eine Schulterprothese frühzeitig lockern kann.
Eine schwer auszumachende Quelle der Lockerungen solcher Implantate sind chronisch schleichende Infektionen mit z.B. Propionibakterien oder Corynebakterien. Sie zeigen öfter keine Veränderung in der Bildgebung und äußern sich allein in Form chronisch hartnäckiger Schmerzen.
Viele Heutzutage implantierte Schulterprothesen sind inverse Prothesen. Eine der häufigsten Ursachen für die Lockerung eines solchen künstliches Gelenkes sind Infektionen.




3. Wie stellt man eine Schulterprothesenlockerung fest ( Diagnostik ) ?
Oft erkennt man die Zeichen der Lockerung einer Schulterprothese auf Röntgenbildern. In solchen Fällen stellt sich die Lockerung beispielsweise in Form eines "Saumes "dar. Beim Vergleich mit früheren Röntgenbildern können auch verschobene Prothesenanteile oder Veränderungen der Position des künstlichen Schultergelenkes - im Bereich vom Oberarmschaft ( Humerusschaft ) und / oder der Schulterpfanne ( Glenoid ) hinweisend für eine Lockerung sein.
Zwecks weiterer und detaillierter Abklärung sowie Vorbereitung zur Wechseloperationen werden in solchen Situationen Schichtbilder, wie zum Beispiel eine Kernspintomographie oder Computertomographie der Schulter durchgeführt.
Hilfreich ist ebenso unter Umständen das Anfertigen einer Szintigraphie der Schulter beziehungsweise in Spezialfällen die Durchführung von Verfahren wie eines Leukozytenszintigrammes.
Ebenso kann es unter Umständen notwendig werden das Gelenk zu punktieren, um es auf Bakterien zu untersuchen oder durch´s Schlüsseloch ( arthroskopisch ) Proben zu entnehmen.


4. Wie behandelt man eine Schulterprothesenlockerung ( Therapie ) ?
Die Lockerung eines künstlichen Schultergelenkes ist nahezu immer eine klare Veranlassung operativ tätig zu werden und die Schulterprothese auszutauschen.
Faktoren: Der Typ des neu einzubauenden Schultergelenkes ist von der Art der Schulterprothese, welche sich gelockert hat, dem Ausmaß des Knochenverlustes oder beispielsweise auch dem Zustand der Weichteile, das heißt der Qualität der schulterumgebenden Muskeln und Sehnen wie auch vom Allgemeinzustand des Patienten/-tin abhängig.
Die Möglichkeiten zum Wechsel dieser künstlichen Gelenke hat sich in den letzten Jahren, aufgrund zahlreicher Neu- und Weiterentwicklungen, stark verbessert. Sog. konvertible Implantate können besser gewechselt werden, weil sie modular aufgebaut sind und man nicht alle, sondern nur Einzelteile ggf. austauschen kann.
Ein oft für Austauschoperationen verwendeter Schulterprothesentyp ist die inverse Prothese. Gerade hier hat es deutliche Verbesserungen gegeben, sodass man Knochendefekte mit zusätzlichen Knochentransplantationen oder Spezialkonstruktionen besser beherrschen kann.
In ganz extremen Fällen ist es möglich Instrumente und Prothesen im 3D-Druck - abgestimmt auf den einzelnen Patienten - herzustellen und zu implantieren ( sog. patientenspezifische Instrumente und patientenspezifische Implantate ).
Auch die vorherige 3D-Planung der Operation im Computer und die damit mögliche Planung der voraussichtlich zu verwendenden Prothesen- und Austauschteile hat sich in den letzten Jahren stark verbessert.



5. Kann man eine gelockerte Schulterprothese unbehandelt lassen ?
Abgesehen von den zunehmenden und regelmäßig deutlichen Schmerzen, unter denen der / die Betroffene leiden, führt beim Abwarten vom Spontanverlauf die Lockerungsbewegung des Implantates zu wesentlichen Schäden der Knochen an der Schulter oder auch den Muskeln und Sehnen.
Deshalb ist es nur in wenigen Ausnahmefällen (zum Beispiel: schwerste Allgemeinerkrankungen und nicht gegebene Narkose- oder Operationsfähigkeit) angebracht, eine gelockerte Schulterprothese eher unbehandelt zu belassen. In fast allen Fällen führt die Schulterprothesenlockerung zur operativen Wechseloperation.


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Röntgen: Ausgerenkte Schulterprothese.



6. Wie aufwändig ist der operative Wechsel einer Schulterprothese ?
Es handelt sich dabei fast immer um eine große Operation, welche durch entsprechende Spezialisten und Zentren durchgeführt werden sollte. Die Zeitdauer der Wechseloperation einer Schulterprothese hängt stark vom Einzelfall und den individuellen Umständen ab. Eine solche Operation kann zwischen einer bis 8 Stunden liegen. Meistens dauernd Wechseloperationen von Schulterprothesen im Mittel etwa 2-4 Stunden.


7. Fazit
Schulterprothesenlockerungen sind Situationen, welche fast immer zu aufwändigen Operationen führen. Solche Situationen und Eingriffe gehören in geübte Hände. Dank wissenschaftlicher Forschung und technischer Fortentwicklung, haben sich die Möglichkeiten der operativen Beherrschung eine Lockerung dieser Implantate in den letzten Jahren stark verbessert.


Lesetips:
Schulterprothesenwechsel
Alles rund um den Austausch des künstlichen Gelenkes ...

Schulterprothesen
Eine Übersicht zu den künstlichen Gelenken ...

inverse Schulterprothese
Das Implantat, was man zum Wechsel häufig verwendet ...


Wissenschaftliche Literatur:
1. Wiater BP, et al, The evaluation of the failed shoulder arthroplasty, J Shoulder Elbow Surg, 23(5):745-758, 2014 doi: 10.1016/j.jse.2013.12.003.
2. Raiss P, et al, Radiographic changes around humeral components in shoulder arthroplasty, J Bone Joint Am, 2;96(7):e54, 2014 doi: 10.2106/JBJS.M.00378.
3. Kit TK, et al, Outcomes after shoulder replacement: comparison between reverse and anatomic total shoulder arthroplasty, J Shoulder Elbow Surg, 24(2):179:185, 2015 doi: 10.1016/j.jse.2014.06.039.
4. Bonnevialle N, et al, Aseptic loosening or failure in total shoulder arthroplasty: revision with glenoid reimplantation, J Shoulder Elbow Surg, 22(6):745-751, 2013 doi: 10.1016/j.jse.2012.08.009


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