Wichtige Informationen zur der Schulter, welche in mehreren Richtungen instabil ist

Ein Service der Schultersprechstunde - Orthopädie, Klinikum Dortmund gGmbH


Die

multidirektionale

Schulterinstabilität




Video: Multidirektionale Schulterinstabilität ( 30 Sek ).



Inhalt:

1. Definition ?

2. Beschwerden ?

3. Klassifikation

4. Alter und Geschlecht

5. Entstehung

6. Risikofaktoren

7. Diagnose

8. Behandlung

9. Nachbehandlung

10. Arbeitsausfall

11. Prognose


1. Was ist eine multidirektionale Schulterinstabilität ( Definition ) ?
Aufgrund einer erblichen Anlage haben manche Menschen einen überdehnbaren Kapsel-Bandapparat an ihren Gelenken. Diese genetische Veranlagung führt einerseits dazu, dass die Betroffenen sehr beweglich sind und andererseits aber auch anfälliger für Teilausrenkungen oder vollständige Auskugelungen ihrer Gelenke. Es können einzelne Gelenke ( z.B. nur die Schultern ) oder viele Gelenke des menschlichen Körpers ( Schulter, Ellenbogen, Wirbelsäule, Knie, usw. ) betroffen sein.
Die multidirektionale Schulterinstabilität führt an der Schulter dazu, dass der Oberarmkopf immer wieder in Teilen oder vollständig aus der Schulterpfanne autritt, und zwar in mehreren Richtungen. Oft beobachtet man ein Austreten in die Richtungen nach vorne und unten. Manchmal renkt die Schulter nach vorne, unten und hinten aus oder auch in andere kombinierte Richtungen.
Abzugrenzen von der krankhaften multidirektionalen Instabilität ist die multidirektionale Hyperlaxität der Schulter, welche nicht krankhaft ist.


2. Was merkt man bei einer multidirektionalen Instabilität der Schulter ( Symptome ) ?
Die Betroffenen beschreiben ein Gefühl, dass ihre Schulter ausrenke. Dabei ist es typisch, dass fast immer keine Notaufnahmen / Ärzte oder Krankenhäuser, zwecks Einrenkung der Schulter, aufgesucht werden müssen, weil sich die Schulter von selbst wieder einrenkt.
Manche Patienten merken nicht unbedingt solche vermeintlichen Ausrenkungen. Sie haben kein Instabilitätsgefühl sondern leiden unter Schmerzen in der Schulter. Durchaus werden auch andere Diagnosen, wie die eines Impingementsyndromes gestellt - ohne dass die Impingementbehandlung Erfolg hätte.
Selten gibt es Personen, welche weder eine Instabilität noch Schmerzen verspüren: Ihr Problem ist ein schlagartig einschiessendes Taubheitsgefühl ( sog. " dead arm syndrome " ).


3. Wie teilt man multidirektionale Schulterinstabilitäten ein ?
Man unterscheidet die multidirektionalen Schulterinstabilitäten nach ihrer Ausrenkrichtung, z.B. die Luxationen, welche kombiniert nach vorne und unten auftreten ( häufig ). Oder Instabilitäten, welche kombiniert nach vorne, unten und hinten vorhanden sind.
Das bei multidirektionalen Schulterinstabilitäten zu findende " Sulcuszeichen ", eine Einziehung der Haut als Vertiefung an der Vorderoberseite der Schulter, bei Längszug am Arm, unterteilt man in die Grade 0 ( nicht vorhanden ) bis 4 ( erhebliche Ausprägung ).
Eine gängige Klassifikation ist die nach Gerber, welche die multidirektionalen Schulterinstabilitäten zu den - nicht krankhaften Hyperlaxitäten der Schulter - abgrenzt und die multidirektionalen Schulterinstabilitäten im Verhältnis zu anderen Formen der Schulterinstabilitäten einzuordnen hilft.


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Typisches Sulcuszeichen: Delle vorne oben an der Schulter, bei Längszug am Arm



4. Welches Alter und Geschlecht betreffen multidirektionale Instabilitäten ( Epidemiologie ) ?
Es sind etwa ab dem 15. Lebensjahr fast alle Altersgruppen betroffen. Männer und Frauen betrifft die multidirektionale Schulterinstabilität fast zu gleichen Anteilen.


5. Wie entsteht eine multidirektionale Schulterinstabilität ( Ätiologie ) ?
Ursache scheint eine erbliche Anlage zu einem gummiartigen Kapselapparat der Schulter zu sein. Regelmässig kann man beobachten, dass auch andere Familienmitglieder ( Eltern, Geschwister ) betroffen sind. Einen Extremfall stellt in diesem Zusammenhang das seltene Marfan Syndrom dar.

Es kann sein, daß das Schultergelenk multidirektional instabil wird, weil lzusätzlich z.B. keine Knorpellippe angelegt ist.
Andere Gründe sind wiederholte Mikrotraumen bei Wurfsportarten ( Handball, Tennis, Schwimmen ). D.h. trifft eine anlagebedingter gummiartiger Kapsel Bandapparat an der Schulter auf eine Werferschulter, kann das Schultergelenk instabil werden.
Ein weiterer Grund kann eine genetische Anlage zu einer multidirektionalen - nicht krankhaften - Hyperlaxität sein auf die sich eine Verletzung ( z.B. Griff in den Wurfarm beim Handball ) aufsetzt. Derart wird das betroffene Schultergelenk multidirektional schmerzhaft instabil.


6. Gibt es Risikogruppen für multidirektionale Schulterinstabilitäten ?
Wurfsportler und Personen, die beruflich und im Freizeitsport schulterbelastende Tätigkeiten ( in und über Schulterhöhe ) ausüben - eine entsprechende Veranlagung vorausgesetzt - sind eher gefährdet eine multidirektionale Schulterinstabilität auszubilden.


7. Wie stellt man eine multidirektionale Instabilität der Schulter fest ( Diagnostik ) ?
Entscheidend ist vor allem eine sorgfältige und detaillierte klinisch ärztliche Untersuchung der Schulter, um multidirektionale Schulterinstabilitäten aufzudecken. Sehr hilfreich ist dahingehend auch die Narkoseuntersuchung.
Untersuchungsverfahren wie die Sonografie und Kernspintomographie wie auch Computertomographie der Schulter helfen Begleitschäden und anlagebedingte Normvarianten zu erfassen.


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Der Längsschnitt des Kernspintomogrammes zeigt die deutlich geweitete Kapseltasche der multidirektionalen Schulterinstabilität.



8. Wie behandelt man eine multidirektionale Schulterinstabilität ( Therapie ) ?
Behandlungsziel:
Ziel ist es die betroffene Schulter zu stabilisieren und damit die Schmerzen bzw. Teilaurenkungen wie auch evtl. vorhandene Auskugelungen zu beseitigen, um langfristig einer Verschleissentwicklung Einhalt zu gebieten.


Nichtoperative / konservative Therapie der multidirektionalen Schulterinstabilität:
Das Verfahren der ersten Wahl ist ein nichtoperatives Vorgehen, indem man unter physiotherapeutischer Anleitung die Schulter- und Rumpfmuskulatur aufbaut, um das Laufverhalten der betroffenen Schulter zu stabilisieren. Was die betroffene Schultergelenkkapsel an Stabilität nicht leisten kann, soll der Muskelaufbau der Schultermuskulatur erreichen. Dazu ist die Verordnung mehrerer Krankengymnastiksitzungen notwendig sowie das Erlernen von Eigenübungen, welche konsequent und täglich, dauerhaft, durchgeführt werden müssen.
Ein Problem bei diesem Vorgehen ist, dass man gegen die genetische Anlage des gummiartigen Schulter- Kapselbandapparates schwer ankommt und es Therapieversager unter der nichtoperativen Behandlung gibt, welches schlussendlich in einem operativen Vorgehen mündet, um die multidirektional instabile Schulter endgültig zu stabilisieren.


Operative Behandlung einer multidirektionalen Instabilität der Schulter:

Arthroskopische Verfahren ( Schlüssellochoperationen ):
Das Standardverfahren für die arthroskopische Stabilisierung ( Schlüssellochoperation ) ist die sog. APCL, die " arthroskopisch pankapsuläre Plicatur ". Das bedeutet, daß man über 3 bis 4 Arbeitskanäle - bei der Spiegelung der Schulter - die zu weite und gummiartige Gelenkkapsel der Schulter rafft, und zwar je nach den individuellen Gegebenheiten, die man im Einzelfall vor Ort sieht. Sind der vordere und untere Gelenkraum zu weit, werden diese entsprechend zusammengezogen. Ist auch der hintere Gelenkraum zu weit, rafft man auch diesen mit. Manchmal ist eine Knorpellippe angelegt, manchmal nicht. Entsprechend ist während der arthroskopischen Operation vorzugehen. Das Grundprinzip ist also das Zusammenziehen der für die multidirektionale Schulterinstabilität zu weiten Gelenkkapsel.
Laserassistierte Kapselschrumpfungen stellen eine weitere - nicht mehr ganz so gebräuchliche - arthrostkopische OP Technik dar, wobei sie meistens nicht alleinig sondern als unterstützendes Operationsverfahren eingesetzt werden.


Offene Operation:
Das klassische offene operative Verfahren zur Behandlung der multidirektionalen Schulterinstabilität ist die Kapselshiftoperation. Der Hautschnitt wird vorne an der Schulter angelegt und die Sehne des vorderen Muskels ( Subscapularis ) wird von der Schulterkapsel freipräpariert. Die derart freigelegte Schultergelenkkapsel wird meistens T-förmig, mit schrägliegendem "T", eingekerbt und gerafft. Andere Formen der Kapselfreilegung und -raffung sind beispielsweise der H-Shift oder ein horizontaler oder vertaikaler Shift. In anderen Worten: Nach Freilegung der Kapsel und vorhandenen Instabilitätsrichtungen des Einzelfalles, wird die Schultergelenkkapsel in unterschiedlicher Form eingekerbt und anschliessend zusammengezogen.


Warum sollte man überhaupt operativ stabilisieren ?
Es wird zur Beseitigung der Schuterschmerzen und Ausrenkneigungen operiert und - langfristig betrachtet und bei symptomatischen multidirektionalen Schulterinstabilitäten - um der Entwicklung eines Verschleisse vorzubeugen.


9. Wie wird eine operierte multidirektionale Schulterinstabilität nachbehandelt ( Rehabilitation ) ?
Am Ende der Stabilisierungsoperation - egal, ob arthroskopisch oder offen - wird eine Schulterschiene angelegt in der der Arm 4 bis 6 Wochen getragen wird. Dabei liegt der Arm am Körper. Der Drainageschlauch wird in der Regel am 2. Tag nach der Operation entfernt. Nach etwa 10 bis 12 Tagen werden die Fäden der Hautnaht entfernt, zuvor wird der Wundverband im Abstand einiger Tage gewechselt und die OP Wunde beobachtet.
In den ersten 4 bis 6 Wochen wird passiv mit der / dem Physiotherapeutin /-ten trainiert und nach Abnahme der Schiene erfolgt die aktiv unterstützende / aktive Krankengymnastik.
Kontaktsportarten sollten für 6 Monate vermieden werden.


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Typische Schulterschiene für die Ruhigstellung nach operativer Stabilisierung einer multidirektionalen Schulterinstabilität.



Arbeitsfähigkeit nach Operation einer multidirektionalen Schulterinstabilität:
Der Arbeitsausfall nach einer Stabilisierungsoperation dauert im Mittel etwa 6 bis 8 Wochen. Wird der nicht dominante ( meistens linke ) Arm operiert und muss eine Büroarbeit / aufsichtsführende Tätigkeit ausgeübt werden, kann das nach etwa 1 Woche geschehen. Andererseits: Operiert man den dominanten ( meistens rechten ) Arm und muss körperlich schwere Tätigkeiten im Handwerk, Montage, Tiefbau, o.ä. durchgeführen, erreicht man die Arbeitsfähigkeit in etwa nach 3 Monaten. Der Arbeitsunfähigkeitsphase hängt folglich von den jeweiligen Gegenbenheiten im Einzelfall ab und ist entsprechend gemeinsam zu besprechen und planen.


Wie ist die Prognose einer multidirektionalen Schulterinstabilität ?
Eine multidirektionale Schulterinstabilität bereitet über viele Jahre mehr oder weniger Probleme in Form eines Instabilitätsgefühles und / oder Schmerzen und verläuft über Jahre hinweg unverändert, z.T. wechselhaft. Bleibt sie unbehandelt mündet die multidirektionale Schulterinstabilität regelmässig in einem Verschleiss des Schultergelenkes ( Omarthrose ). Die dann entstehende Kombination der Instabilität in Verbindung mit dem Verschleiss ist therapeutisch eine Herausforderung und schwer beherrschbar.


Fachbegriffe für eine multidirektionale Schulterinstabilität:
multidirektionale Schulterluxationen, multidirektionale Schultersubluxationen


Orthopädie, Schultersprechstunde, Klinikum Dortmund ( Mitte ), Beurhausstrasse 40,
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